Gloria & Gloriette - Die Kamera










Crashkurs





Deutschland 2012
Regie: Anika Wangard
Darsteller: Monika Lennartz, Ulrich Voß, Winnie Böwe, Evelyn Meyka
Laufzeit: 80 Minuten

Der Bankfilialleiter windet sich wortreich und muss schließlich, als die ältere Kundin einfach nicht verstehen will, deutlicher werden, als ihm lieb ist. "Ihr Geld ist weg", platzt es aus ihm heraus. 120.000 Euro hatte Eva Meyenburg (Monika Lennartz) auf Anraten ihrer Bank in die Fonds eines amerikanischen Geldinstitutes investiert, das im Zuge der Krise nun Insolvenz angemeldet hat. Dem Berliner Rentnerpaar ist es nie schlecht ergangen. Gerade haben sie eine schicke Neubauwohnung in zentraler Lage bezogen und das Polster auf der Bank sollte ihnen einen sorgenfreien Lebensabend garantieren. Ehemann Alexander (Ulrich Voß), der sich nie um die Finanzen gekümmert hat, reagiert ebenso verärgert wie lethargisch auf den Vermögensverlust, aber Eva kann sich nicht damit abfinden.
Die anfänglichen Schuldgefühle verwandeln sich in Widerstandsgeist. Eine Anwältin wird hinzugezogen, aber die Klage gegen den Bankberater wird vom Gericht abgewiesen. Derweil findet die kleine, alte Dame weitere Betroffene und gemeinsam mit dem liebenswürdigen Antiquitätenhändler Alfons (Armando Dotto) und der patenten Urberlinerin Rosi (Evelyn Meyka) beginnen die Senioren mit Protestaktionen gegen die Bank. Mit Flugblättern und Sitzblockaden machen sie Öffentlichkeit und Medien auf den Betrug aufmerksam. Sogar in dem griesgrämigen Alexander erwachen neue Lebensgeister. Nachts zieht er mit Alfons los und sprüht Parolen auf die Fensterscheiben der Bankfilialen. Schließlich gerät er sogar wegen Verdacht auf Anstiftung zu terroristischer Aktivitäten in Untersuchungshaft. Es ist verwunderlich, dass ein einschneidendes Ereignis wie die Banken- und Wirtschaftskrise im deutschen Kino bisher kaum reflektiert wurde. Anika Wangard stellt sich nun mit ihrem Debütfilm Crashkurs, der beim diesjährigen Filmfestival Max Ophülspreis im Wettbewerb uraufgeführt wurde, auf die Seite der Krisenverlierer. Die Berliner dffb-Absolventin, die für ihren Film in der Betroffenen- und Protestszene ausführlich recherchiert hat, will zeigen, "welche Auswirkungen die globale Erschütterung im kleinsten Kosmos einer Familie hat". Dabei hängt sie ihren Film mit einem gelassenen Erzählton als Tragikomödie auf, die Position bezieht, aber nie zum politischen Pamphlet mutiert.
Mit leicht amüsiertem Blick schaut Wangard auf das Ehepaar, das sich schon in seiner Lebensabendmonotonie eingerichtet hatte und sich nun durch den Verlust der Ersparnisse und den Protest gegen die Banken neu zueinander verorten muss. Monika Lennartz und Ulrich Voß spielen die Entwicklung ihrer Figuren vollkommen unaufgeregt und sehr feinsinnig aus.
Q: Die Zeit


     

 


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